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Kapitel 40


In der Stoa hatte man Stühle aufgestellt, alle Türen waren weit geöffnet und der kleine Raum füllte sich. Dann ertönte ein kleiner Gong und der Pianist trat ein. Hardenberg war ein kleines Tierchen ins Auge geflogen, es verschwamm alles vor seinem Blick und er hatte Mühe, es zu entfernen. Dann erklangen die ersten Töne. Immer noch an seinem Auge mit einem Papiertaschentuch tupfend, hielt er urplötzlich mitten in der Bewegung inne und erstarrte. War das nicht das Stück, dass einst - ihm kam es wie eine Ewigkeit vor – ein bezauberndes junges Mädchen für ihn gespielt hatte? War es nicht Chopin? Und klang es jetzt nicht genauso wie damals?

Mit dem Taschentuch wischte er sich den letzten Rest Tränen-schleier aus seinen Augen und beugte sich vor, um den Pianisten zu sehen. Was er dort sah, ließ sein Herz einen Augenblick stillestehen. Vor dem Klavier saß eine junge, blondgelockte Frau. Und diese hatte eine verteufelte Ähnlichkeit mit Natascha. Er war kaum noch fähig, dem Rest des Konzertes bis zur Pause zu folgen, so perplex war er. Dann ging er schnell hinaus und fragte den an der Tür stehenden Saalordner in gebrochenem Griechisch, wie die Pianistin hieße. Der Mann zog die Augenbrauen hoch und näselte:

„Natascha Winter“.

Hardenberg stand da wie in Trance. Er sah und hörte minutenlang nichts mehr um sich herum und wurde schließlich nach der Pause von der Masse mehr in den Saal zurückgedrängt, als das er selbst gegangen wäre. Dieses Mal sah er genau hin und hörte genau zu. Ja, sie war es! Sie war sicherer und schöner geworden in dieser Zeit. Der eckige Jungmädchencharme war dem Flair einer jungen Frau gewichen, die wusste, was sie konnte und was sie wollte. Auch ihr Spiel war kräftiger und selbstbewusster geworden. Als sie sich am Ende vor dem Publikum verneigte, war er versucht, sofort in ihre Garderobe zu eilen und… ja…und was dann tun? Wie ein Schuljunge stand er noch im Saal, als die

Letzten schon gegangen waren. Der Saaldiener kam freundlich auf ihn zu und machte eine einladende Bewegung zur Tür hin. Da kam ihm eine Idee.


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