Kapitel 25
Die Fahrt verging wie im Flug. Am Tor erwartete sie schon ein großer Pulk Leute, Onkel, Tanten, Nichten und Neffen mit lautstarken Glückwünschen. Natascha stieg aus. Sie freute sich wie ein Kind, reichte allen die Hand, ließ sich umarmen und beglückwünschen. Viele Verwandte hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Im großen Garten waren unter den Apfelbäumen, die in voller Blüte standen, Tische und Bänke aufgestellt, auf denen Kuchen und Snacks, Suppen und Vorspeisen in lockerer Gemeinschaft nebeneinander standen. Als endlich alle saßen- auch die tobenden Kinder hatte man eingefangen und zu Tisch gesetzt- erhob sich Pastor Winter und schlug an sein Glas.
„Alle mal herhören! Im Namen der Anwesenden wünsche ich dir, meine liebe Tochter, alles Gute auf Deinem zukünftigen Berufsweg und beglückwünsche Dich zur bestandenen Prüfung“-mit der Note eins - wollte er noch hinzufügen, doch da trat ihm jemand kräftig ans Schienbein.
„Äh, was wollte ich noch sagen? Ja, noch mal ein Prosit auf Natascha!“ Alle hoben die Gläser und stießen auf sie an. Natascha wurde ganz rot vor Freude. Während nun alle ihre Teller vollluden und damit teils sitzen blieben, teils in Grüppchen herumstanden, kam Stine, die alte Hausbedienstete der Winters, eilig übers Gras zu Natascha gelaufen. „Natascha!“ rief sie, „Natascha, da ist ein Herr aus Bayern für dich am Telefon!“ Sie war ganz aufgeregt. Natascha wunderte sich. Wer konnte das sein? Über ihre Stellung in München hätte man sie doch eher schriftlich informiert. Sie ging zum Haus. Die Diele war angenehm warm gegenüber der kühlen Frühlingsluft draußen. „Ja, hier Natascha Winter. Mit wem spreche ich?“ Die Stimme, die dann an ihr Ohr drang, ließ ihre Hand kurz erzittern. Sie zog einen Hocker heran. Stine beobachtete sie neugierig. „Ja, ich danke Ihnen für Ihren Anruf!“ sagte sie mit gepresster Stimme, nachdem sie dem Anrufer zugehört hatte. „Ich werde Sie morgen früh von meiner Entscheidung in Kenntnis setzen. Auf Wiederhören!
Langsam legte sie den Hörer auf. „Ist Dir auch gut, min Deern?“ fragte Stine besorgt. Sie kannte Natascha von Kindesbeinen an. „Soll ich dir einen Kaffee bringen?“ „Lass nur, Stine, es geht schon wieder. Ich danke dir!“ Sie lächelte der alten Frau zu und ging wieder zu den anderen nach draußen. Aber es war ihr, als sei ein Schatten über die Festlichkeit draußen gefallen, als sei es weniger fröhlich und hell.
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