Mittwoch, 1. Dezember 2021

Dezember

 

ONsüd-Bild: Sebastian Pokojski
 Über Winterbräuche

von Katharina Kumeko


Die, die mir zuerst einfallen, sind die sogenannten Rauhnächte. Sie liegen in der Woche zwischen Weihnachten, dem 25. Dezember, und dem 6.Januar, dem Heiligen Dreikönigstag. Es sind die Tage, die vom Mondkalender (im Gegensatz zum Sonnen-Kalender) her „übrig bleiben.“ Das sind die „Tage zwischen den Jahren“. Das Mondjahr hat 354 Tage im Unterschied zum Sonnenjahr von 365 Tagen. Früher feierte man in dieser Zeit Weihnachten. Das bedeutete: man feierte die geweihten Nächte. In unserem Bewusstsein sind heutzutage davon nur noch die zwei Weihnachtsfeiertage und der Dreikönigstag übrig geblieben. Damals glaubte man, dass man an diesen Tagen Zugang zur „Anderswelt“ hätte. Während dieser Zeit sollte man keine Wäscheleinen spannen und keine Wäsche aufhängen, vor allen Dingen keine weiße, weil die „Wilde Jagd“ - Wotan und seine Gefährten- die aus zwölf Wölfen oder Raben oder Knochenmännern bestand,- mit viel Stürmen und Lärmen auf Pferden durch die Lüfte ritten. Vorzugsweise rissen sie weiße Wäsche von den Leinen ab, um sie im neuen Jahr als Leichentücher für die Menschen zu verwenden, denen die Wäsche gehörte. Auch meine Mutter wusch keine Wäsche in dieser Zeitspanne, wusste aber auf meine kindliche Frage -warum sie das tat - nur zu antworten:“ Das macht man eben so!

Meine Mutter und meine Großmutter haben in dieser Zeit auch keine Wäsche aufgehängt.“

Der Brauch, so alt er ist, -(bestimmt schon über 2.000 Jahre - die Zeit der Germanen war von 100 v. Chr.-500 n.Chr.) - er ist noch da, aber unser Wissen darum, warum wir ihn begehen, ist verloren gegangen. Auch kochte und aß man während dieser Zeit keine Hülsenfrüchte. Dies Gebot kannte meine Mutter ebenfalls. Es hat vielleicht damit zu tun, dass man diese Speise als Opfergabe für die Götter darbrachte, bzw. dass man glaubte, dass dann im kommenden Jahr gesundheitliche Probleme drohten.

Bettzeug sollte ebenfalls nicht im Freien gelüftet werden, denn Dämonen hätten sich danach darin aufhalten und den Menschen Krankheiten bringen können. Ordnung sollte im Haus sein, denn Chaos ziehe sie ebenfalls an. Auch Haare, Finger -und Fußnägel durften aus diesem Grund in diesen zwölf Tagen und Nächten nicht geschnitten werden. Es durfte nicht gewaschen, nicht gesponnen und nicht gemahlen werden. Auf die Fensterbank sollte für die vorbeiziehenden, wilden Gäste eine Schale mit Gebäck und ein Gefäß mit Milch gestellt werden. Dieser Brauch hat sich noch in Schweden erhalten, dort ist es jedoch ein Schüsselchen mit Milchbrei, das Heiligabend vor die Tür gestellt wird. Es ist für die Nissen und Trolle gedacht. Ansonsten, wenn man es vergisst, droht Unglück im nächsten Jahr.

Man mag sich fragen, warum es eigentlich genau zwölf Tage/Nächte sind und keine sieben oder zehn.

Diese Zahl hat weniger mit dem christlichen Glauben zu tun, als man vermuten könnte. Eher war die Zwölf für die Germanen und Kelten eine Zahl der Vollendung und der Fülle.

Letztendlich dienten die Tage und Nächte dieser Zeit den damaligen Menschen als Einkehrzeit, als Besinnung auf das, was im letzten Jahr geschehen war. Die sogenannte „besinnliche Zeit“ ist somit weniger unser Advent bzw. Weihnachten, das nur zweieinhalb Tage dauert, als eben diese zwölf Rauhnächte, die am 25. 12. begannen. In denen man, das möchte ich noch am Schluss hinzufügen, zusätzlich das Haus und die Ställe mit Harzen und Kräutern, wie Holunder, Beifuß, Mistel und Wacholder u. a. ausräucherte, um es von Dämonen und Übeln zu befreien.

Das ist eine weitere Möglichkeit, den Namen Rauh zu erklären: dass er von Rauch kommt. Die andere Bedeutung sieht das Wort rauh als Synonym für pelzig, haarig und schließt auf die haarigen, pelzigen Verkleidungen, die die Menschen anlegten, um die Dämonen zu vertreiben.


In Japan gibt es das Fest des ersten Schnees. Man nimmt den neuen, ersten Schnee, füllt ihn in einen Wasserkessel und gießt mit dem erhitzten Schneewasser den ersten Tee des Winters auf.

In Norwegen versteckt man die Besen in der Weihnachtsnacht. Der Grund: Hexen soll die Möglichkeit genommen werden, auf Besen durch die Lüfte zu fliegen und Chaos anzurichten.

Wer in den USA am Weihnachtsbaum eine grüne Essiggurke entdeckt, darf als Erster sein Geschenk auspacken oder erhält eine andere Belohnung. Natürlich ist es keine echte Gurke, sondern eine künstliche aus Glas.

In Polen werden am Weihnachtsabend zwölf vegetarische Speisen auf den Tisch gebracht. Außerdem ist man der Meinung, dass Tiere in der Weihnachtsnacht sprechen können. Dies dachte man auch in Deutschland während der Rauhnächte.

In Griechenland kommen die Kalikanzari - das sind kleine, böse Unterweltkobolde-, um den Weltenbaum zu fällen. Jedoch wird Jesus geboren, bevor sie ihr Werk vollbringen können. Die Kobolde kommen für zwölf Tage zur Erde, um die Menschen ärgern. Deshalb brennen dort dann zwölf Tage und Nächte die Kamine, um die Menschen so vor diesen Plagegeistern zu schützen. Hier haben wir wieder den Bezug zu unseren Rauhnächten, die im ganzen europäischen Raum verbreitet waren.

Im afrikanischen Kulturraum feiert man das Kwanzaa-Fest -vom 26.12.-1.1. Es ist das Fest der ersten Frucht.

Die 7 Prinzipien des Kwanzaa sind:

1. Einigkeit,

2. Selbstbestimmung,

3. Teamarbeit,

4. gemeinsames Wirtschaften,

5. Zielstrebigkeit,

6. Kreativität und

7. Glaube.

Dazu wird an jedem dieser Tage eine weitere Kerze an einem Leuchter angezündet.



Ich habe hier nur einige der vielen Festen der Völker im Winter vorstellen können. Das Thema ist, beschäftigt sich man einmal damit, sehr vielfältig.

Montag, 1. November 2021

November

Über die Muße oder den Müßiggang


von Katharina Kumeko


ONsüd-Bild: Daniel Osthues
Das Wort ‚Muße’ ist in unserer schnelllebigen Zeit fast zu einem Fremdwort geworden. Man empfindet diesen Ausdruck oft als Anachronismus. Wer hat denn, bitte schön, in unserer modernen Zeit des „Mehr und Schneller“ noch genügend Zeit für Muße?
Dabei bietet sich der Monat November geradezu an, eigene Mußestunden zu entdecken und zu pflegen. Der Duden definiert Muße „als freie Zeit und innere Ruhe, in der man seinen eigenen Interessen nachgehen kann.“
Muße hat nichts mit Langeweile zu tun. Es ist die bewusste Entscheidung, sich freie Zeiten zu schaffen und sie mit individuellen, angenehmen Tätigkeiten oder Nicht-Tätigkeiten anzufüllen. Man fühlt sich nach solch einer Zeit erfrischt und gestärkt.
Muße heißt nicht, sich einfach hinzusetzen und von einem Medium berieseln und unterhalten zu lassen.
Es ist eine aktiv, nicht passiv gestaltete Zeit.
Hermann Hesse hat über die Muße folgendes geschrieben:

„Wenn ich nicht im Grunde ein arbeitsamer Mensch wäre, wie wäre ich je auf die Idee gekommen, Loblieder und Theorien des Müßiggangs auszudenken. Die geborenen, die genialen Müßiggänger tun dergleichen niemals.“

Das hat Hesse vor fast 100 Jahren geschrieben, nämlich 1928. Sein Buch „Die Kunst des Müßiggangs“ entstand 1904.

Und Tom Hodgkinson, ein Autor unserer Zeit, schrieb 2004 treffend in seinem Buch „Anleitung zum Müßiggang“, (das übrigens zum Bestseller wurde) :

„Der Müßiggänger hat eine Seele, die Kontemplation verlangt, und statt als Teilnehmer an amüsanten Aktiv- Urlauben und Themenabenden sieht er in einem nebelhaften Traum, wie er in einer Hütte auf einem Hügel in China sitzt, einen schütteren Bart am Kinn und ein weises, fideles Lächeln im Gesicht, und über die Schönheit der Natur… nachdenkt.“

Muße beschert uns zusätzlich noch etwas ganz Kostbares: nämlich Entspannung, einen niedrigeren Blutdruck und einen stimulierten Blutfluss im Gehirn. Besser als jede Entspannungsmusik es vermag.

Sonntag, 31. Oktober 2021

in eigener Sache

ONsüd wird nach fast zehn Jahren Agentur-Betreuung zukünftig unter der Regie von Sebastian Pokojski weitergeführt


Begonnen als soziales Medienprojekt hat sich ONsüd hin zu einem interessanten, aktuellen und vielseitigen Blog-Projekt entwickelt, das die volle Aufmerksamkeit einer Person, die für redaktionelle Inhalte verantwortlich ist benötigt. Agentur Inhaber Sebastian Pokojski setzt sich zukünftig persönlich für diese Aufgaben ein. Wir haben das Projekt über lange Zeit begleitet und wollen der zukünftigen Entwicklung so mehr Aufmerksamkeit schenken. Gerade in der Corona-Zeit haben wir festgestellt, wie wichtig gute Recherche und Inhalte sein können. Da wir thematisch breit gefächert und fokussiert produzieren wollen, freuen wir uns, dass unser Projekt nach fast zehn Jahren Unterstützung jetzt in die Hände von Sebastian Pokojski übergeben werden kann. Wir wünschen uns, dass die nächsten Jahre medialer Berichterstattung unter seiner Regie genauso erfolgreich sein werden. „Da ist noch Luft nach oben. Ich freue mich auf diese neue Herausforderung. Dank eines kreativen Teams bin ich motiviert für zukünftige Aufgaben“, so Sebastian Pokojski. Änderungen gibt es keine. Im nächsten Jahr geht’s für den Crossmedia-Journalisten los. 

Freitag, 1. Oktober 2021

Oktober

ONsüd-Bild: Sebastian Pokojski
Über Beobachtungen
aus dem Fenster

von Katharina Kumeko

Morgens gilt mein erster Blick aus dem Fenster zuerst den Wolken, und danach den grünen „Riesen“, die treu und ergeben jeden Tag auf einem großen Rasenkarree hinter den Häusern stehen.

Mein Blick umfasst sie alle liebevoll. Gezählt habe ich sie damals, als ich einzog: es sind dreizehn an der Zahl. Alle sind hochgewachsen, um die zwölf bis fünfzehn Meter hoch, und bestimmt schon weit über fünfzig Jahre alt.

Ein mächtiger Goldregenbaum und zwei gebeugt wachsende, knorrige Weißdorne stehen genau gegenüber meinem Fenster; etwas weiter weg sechs Ahornbäume, und ein Feldahorn nahe am Haus. Letzteren hielt ich wegen seiner Blätter zunächst für eine Eiche. Das Merkwürdige war nur: ich fand im Herbst keine Eicheln! Das gab’s doch gar nicht, oder? Eine Eiche ohne Eicheln!?

Ich schaute mir die Augen aus, wunderte mich und suchte, stets ohne Erfolg- bis ich mir die Mühe machte, seine Blätter genauer mit einem Lexikon zu bestimmen. Und siehe da, die vermeintliche Eiche entpuppte sich als ein Feldahorn im Gegensatz zu ihren Brüdern, den Spitzahornen und Bergahornen. Dieser stattliche Baum wächst wie ein großer Wächter ganz nahe am Haus - so nah, dass ich durch das offene Fenster einige seiner Zweige anfassen kann. Außerdem gibt es noch mehrere Hainbuchen. Das Konzert, dass die Vögel früh morgens gut gelaunt in allen Bäumen geben, ist Gold wert.

Kein Tag, an dem ich aus dem Fenster blicke, ist langweilig, solange der Blick auf diese alten „Riesen“ fällt.

Mit ihnen erlebe ich Jahr für Jahr den Wechsel der Jahreszeiten - so intensiv, wie ich ihn nicht einmal auf dem Land erlebt habe.

Berauschender Duft, in erster Linie dem blühenden Weißdorn geschuldet, prägt das Frühjahr. An hochsommerlichen Tagen sitze ich oft und gern in ihrem Schatten, der so viel kühler und angenehmer ist als jede Markise. Der Herbst überrascht mit den samtigen altrosafarbenen Rückseiten der unzähligen, zu Boden segelnden Ahornblätter und ihren propellerartig in die Tiefe stürzenden Samenständen.

Mehrere fielen in leere, nur mit Erde gefüllte Blumentöpfe auf meinem Balkon und keimten im nächsten Frühjahr. So begann ich mit erwachender Leidenschaft aus ihnen zwei Ahornbäumchen zu ziehen und sie zu Bonsais zu stutzen.

Der Winter machte mich mit den weithin hörbaren knackenden Geräuschen der letzten, welken Blätter an den Bäumen vertraut, die die ersten Frostnächte hinter sich haben. Mittlerweile habe ich sogar die Bekanntschaft von Walnussbäumen gemacht. Diese lassen sich im Frühjahr unendlich lange Zeit, bis sie ihre ersten Blätter austreiben.

Der faszinierendste Baum jedoch, finde ich, ist der Gingko. Nicht nur wegen seiner schönen zweigeteilten Lappenblätter - die Chinesen nennen ihn sehr treffend „Entenfussbaum“, - sondern weil sie in China durch ihre Form auch Yin und Yang symbolisieren. Aber nicht nur das zeichnet ihn aus, auch seine goldgelbe Färbung im Herbst ist einmalig. Er kann über tausend Jahre alt werden, wenn man ihn lässt. Gingkobäume waren die ersten Bäume, die nach der Atombombenexplosion in Hiroshima wieder zu wachsen begannen, und sechs dieser Bäume haben diese sogar überlebt und wachsen heute noch. Aber er ist nicht nur faszinierend wegen dieser erstaunlichen Fakten, sondern auch, weil er zu unseren erdgeschichtlich ältesten Bäumen überhaupt gehört. Er ist ein Baum aus dem Jura, das Geologen vor 201- 145 Millionen Jahren ansiedeln und hat sich seit 200 Millionen Jahren nicht verändert.

Ihn anzusehen, bedeutet für mich, einen Blick in die fernste Vergangenheit unserer Erde werfen zu können und das ist, finde ich,- für mich jedenfalls, -ein erhebendes Gefühl. Und es zeigt mir, wie kostbar eigentlich unsere Welt ist. Und wie sehr wir Menschen darauf bedacht sein sollten, sie zu ehren und zu schützen

Mittwoch, 1. September 2021

September

Über das Spazierengehen



von Katharina Kumeko
Durch Corona haben wir alle mehr oder weniger Spazierengehen gelernt. Oder sagen wir besser : wieder gelernt. Ich hatte mir von Beginn der Ausnahmesituation angewöhnt, jeden Tag mindestens eine Viertelstunde zu gehen. Meistens ging ich entweder vor dem Frühstück oder nach dem Frühstück.
Ich bin dem Ritual bis heute treu geblieben. (Sicher, es hat auch einige Aussetzer während dieser Zeit gegeben, mal einen Tag, mal zwei Tage oder auch mal fünf Tage, an denen ich keine Lust dazu hatte, aber spätestens nach dem fünften Tag habe ich wieder mit dem Spazierengehen begonnen.)


ONsüd-Bild: Sebastian Pokojski
Was macht das Spazierengehen mit uns? Erst einmal sorgt es für eine ordentliche Portion Frischluft für unseren Körper. In zweiter Linie macht es den Kopf frei - frei von Grübeleien, von kleinen Sorgen, vom Chaos des Alltags.
Mann gewinnt Abstand. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Es wird Raum freigegeben für neue Lösungen, für neue Gedankenverbindungen, für ein Wohlgefühl, das den Tag angenehmer macht. Nicht zu verachten ist die körperliche Seite dieser täglichen Spaziergänge: man gewinnt, auch wenn es nur eine kurze Zeit, z.B. 15 Minuten sind, die man jeden Tag geht oder zügig geht, eine nicht zu verachtende Fitness dadurch.
Beim Spazierengehen werden alle Muskeln des Körpers gleichmäßig gebraucht. Nichts wird überbelastet oder einseitig belastet. Gehen ist das, was uns von Beginn der Menschheit  an in die Wiege gelegt worden ist. Gehen ist das, was den frühen Menschen als Nomaden ausgezeichnet hat. Als Nomade hatte man kein festes Haus, sondern man zog mit dem Vieh, je nach dessen Futterbedürfnis von Weide zu Weide, von Ebene zu Ebene, von Grasland zu Grasland, ohne einen festen Bezugspunkt zu haben.
Eigentlich müsste uns allen das Gehen noch im Blute stecken. Denn soweit sind wir von dem Nomaden der Frühzeit in unserer Körper-Programmierung gar nicht entfernt.
Wir glauben es zu sein, aber wir sind es nicht.
Bruce Chatwin hat ein wunderbares Buch über das Gehen geschrieben: „Traumpfade“.
Darin berichtet er, dass sich die Aborigines, die Ureinwohner Australiens, ihr Land singend zu eigen machten. Jeder Aborigine kannte Gesänge von seinen Ahnen und sang mit ihnen während des Gehens, sein Land ins Leben. Diese Gesänge führten jeden auf sogenannten "songlines" gehend, durch das ganze Land an sein jeweiliges Ziel.

Chatwin nannte auch Robert Burton, (1577 - 1640), der „ein sesshafter Büchernarr an der Universität Oxford war“, und schrieb folgendes Zitat aus dessen Buch „Anatomie der Melancholie“ auf: „Die Himmel selbst drehen sich ständig, die Sonne geht auf und unter, der Mond nimmt zu, Sterne und Planeten sind in ständiger Bewegung, die Luft wird noch immer von den Winden geschüttelt…zweifellos…, um uns zu lehren, dass wir immer in Bewegung sein sollten.“ Außerdem sagte Burton noch: " Es gibt gegen diese Krankheit (Melancholie) nichts besseres als die Luftveränderung, als ab und zu auf und ab zu wandern…“
In Chatwins Buch ist auch das Zitat von Sören Kierkegaard zu finden: „Verlieren Sie vor allen Dingen nicht die Lust, zu gehen: ich laufe mir jeden Tag das tägliche Wohlbefinden an und entlaufe so jeder Krankheit; ich habe mir meine besten Gedanken angelaufen; ich kenne keinen, der so schwer wäre, dass man ihn nicht beim Gehen loswürde… beim Stillsitzen aber …kommt einem das Übelbefinden nur um so näher…Bleibt man so am Gehen, so geht es schon.“ (Brief an Jette 1847)

In diesem Sinn! Schnüren wir unsere Schuhe!

Sonntag, 1. August 2021

August

 Über Steine

von Katharina Kumeko

ONsüd- Bild: Kathrin Osthues
Es gibt für mich kaum etwas, was größere Faszination bietet, als das Sammeln und Anschauen von Kieseln jeder Art und Größe an Meeresstränden.
Da diese meist von Wasser überspült werden, leuchten sie oft in den überraschendsten Farben oder Formen. Mit meinen Kindern pflegte ich im Urlaub jeden Morgen die Strände nach den schönsten Exemplaren abzusuchen und sie mit zu unserem Campingwagen zu schleppen.
Jedes Mal, wenn wir nach ein paar Wochen nach Hause fuhren, waren wir „steinreich“, wie mir mein Mann versicherte, der unsere Beute im Kofferraum verstauen musste.
Wobei der Kofferraum zu seinem Leidwesen beim Fahren auf der Autobahn schwer durchhing.
Ich bin auch heute noch von Steinen, bzw. - Gesteinen - wie die Geologen sagen - fasziniert. Mehr als von ihren Schwestern und Brüdern, den Kristallen und Mineralien. Es gab Zeiten, in denen ich an keinem Museum für Geologie vorbeigehen konnte, ohne die Schönheiten dieser vermeintlich leblosen Welt zu bestaunen. Sie sind nur vermeintlich leblos, da sie in einem Jahrmillionen dauernden Prozess des Kreislaufs durch den eigenen Druck zermahlen werden und in das Erdinnere sinken. Dort werden sie durch den dortigen Druck verflüssigt und irgendwann als Eruptiv- Gesteine aus Vulkanen herausgeschleudert. Diese erkalten an der Luft und ein neuer Kreislauf beginnt: Erosion, Absinken, Verflüssigt werden unter hohem Druck im Erdinneren, bis zum erneuten Herausschleudern als Magma und Bimsstein. Magma wird in unendlich langen Zeiten zu Basalt, Gneis und anderen Gesteinen und schließlich am Ende der Kette zu Sandstein und Sand.
Bis heute bücke ich mich, wenn ich irgendwo einen interessanten Stein liegen sehe. Ich hebe ihn auf, wasche ihn zu Hause gründlich ab, lasse ihn trocknen und behalte ihn als ein Kleinod, dass die Erde uns als Geschenk darbietet.

Donnerstag, 1. Juli 2021

Juli

 Über das Teetrinken und Schreiben

Teil II

von Katharina Kumeko
ONsüd-Bild: Dirk Hoffmann
Im Jahr 2019 erschienen 70.400 neue Bücher auf dem Markt. Das ist eine immer noch große Zahl, auch wenn es im Jahre 2007 sogar 86.000 neue Titel waren.
Hinter dieser Zahl steckt jeweils ein Mensch, der schreibt.
Der, wie ich ,meist mit mehr oder weniger großem Vergnügen, am Schreibtisch sitzt - vielleicht auch mal im Café oder Biergarten - und Hauptfiguren, Nebenfiguren, eine spannungsvolle Handlung mit dazu gehöriger Landschaft und Städten erfindet und sie aufs Papier bannt. Wobei ich zu der eher aussterbenden Spezies gehöre, die erst auf Papier schreibt und danach in den Computer diktiert. Zwar schreiben die meisten Autoren direkt in den Laptop, dennoch: es ist erwiesen , dass man der Schnelligkeit der Gedanken am besten mit der Hand und dem Stift folgen kann als mit der langsameren Eingabe beim Tippen. Der Weltrekord beim Tippen liegt bei nur 821 Anschlägen pro Minute, die beste handschriftliche Leistung im gleichen Wettbewerb „bei 1454 „Anschlägen.“ Die Handschrift ist also um 75 % schneller.“ (Laut Wikipedia.)
Außerdem wirkt der Stift wie eine Verlängerung unseres Gehirns und unsere Fantasie und Vorstellungskraft wird verstärkt. Deshalb schreiben auch viele Schriftsteller ihren ersten Entwurf mit der Hand, wie z. B. John Irving und Peter Handke.
Und danach erst in den Computer.
Doch eines bleibt gleich, ob Stift oder Computer : die Tasse mit einem anregenden Getränk auf dem Schreibtisch, seien es bis zu 10 Tassen extrastarken Kaffees bei Honore’ de Balzac, oder Kannen voll schwarzen Tees wie bei George Orwell, der ein Essay über die Zubereitung desselben „A nice Cup of tea“ schrieb. Oder Christoph Peters,(1966 geboren), der Tee als „diese wundersame Bitterkeit“ nicht nur im Titel seines Buches beschreibt.
 

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