ONsüd-Bild: Sebastian Pokkojski |
Über Stille
von Katharina Kumeko
Wir leben in einer immer lauter werdenden Welt, in der Stille echte Mangelware geworden ist. Erwähnt man das Wort „ Stille“, denken viele: „Bloß nicht! Dabei kommen ja merkwürdige, unerfreuliche Gedanken in mir hoch!“
Ist es nicht so? Also, schnell das Radio einschalten, der Alexa eine Playlist angeben… nur schnell irgendetwas hören, damit die eigenen Gedanken übertönt werden. „Was soll's?! Schadet doch nicht! Oder? Musik macht doch fröhlich, oder nicht?“ bekommt man in solchen Fällen zu hören.
Ja, Musik kann fröhlich machen. Natürlich!
Aber warum, um alles in der Welt, sind viele Menschen nicht mehr dazu willens, die eigenen Gedanken im Kopf und Stille zu ertragen?
Sondern ziehen es vor, musikalisch meist anspruchslose Musik, ständig unterbrochen von halbstündlichen Katastrophennachrichten oder Werbeslogans zu hören? In sich aufzusaugen? Ihre Seele, ihr Innerstes damit zu fluten und überfluten? Was ist daran schön oder wohltuend? Wieso geht es ihnen dann besser als mit ihren eigenen Gedanken?
Mir erschließt sich das nicht. Ich bin einfach nur verwundert, wenn mir solche Menschen begegnen.
Zur Musik gehört für mich immer, entweder das eigene Tanzen oder das eigene Instrument, das Improvisieren, oder das Miteinander-spielen mit anderen dazu. Das Tun, nicht das Konsumieren.
Gut, bis hierher habe ich mich über Lärm ausgelassen. Was aber ist dann Stille?
Stille heißt nicht völlige Geräuschlosigkeit. Ich meine mit Stille eher Naturgeräusche wie Blätterrauschen, Vogelgesang und den Gesang des Windes oder das beruhigende Rauschen einer Meeresbrandung.
Man kommt zur Ruhe. Man kommt im „Hier und Jetzt“ an.
Plötzlich tritt das Lärmen der Gedanken in den Hintergrund, das von vermeintlichen Katastrophen sonst stets aufgescheuchte Gehirn spürt mit einem Male wirkliche Erleichterung. Die Buddhisten nennen diese Stille „Zen“ und erfahren sie in der Meditation und in der Zen-orientierten Verrichtung der klösterlichen Alltagsarbeit, was heißt: dass sie mit ihren Gedanken ausschließlich bei der zu verrichtenden Sache sind und nicht woanders in der Zukunft oder Vergangenheit.
Stille bedeutet auch Selbst-Akzeptanz, das Sich-nicht selbst bewerten. Den Mut, sich so zu akzeptieren, wie man ist. Das sagt der bekannte Pater Anselm Grün über Stille.
In diesem Sinne: Erfahren Sie die Stille! Genießen Sie sie!